Weltoffen statt betriebswirtschaftlich! Demonstration für ein neues Hochschulgesetz

Das geltende Hochschulgesetz – verantwortet vom CDU/FDP/Schill-Senat im Jahr 2003 – ist undemokratisch, politisch falsch, gesellschaftlich schädlich und juristisch verfassungswidrig. Ein konsequenter Bruch mit dieser Politik ist notwendig:
Demokratie statt Hierarchie, rationale und kooperative Entscheidungsprozesse statt Marktmechanismen und solidarisches Lernen statt restriktives Pauken.
Mit dem vorliegenden Entwurf für die Neufassung des Hamburgischen Hochschulgesetzes wird dieser Bruch nicht vollzogen. Der Entwurf muß daher weitreichend verändert werden.

 

Die Notwendigkeit dieser Orientierung demokratischer Wissenschaft in gesellschaftlicher
Verantwortung ist im Gesetzgebungsprozess in zahlreichen Stellungnahmen, bei dem
„Workshop“ der Behörde und bei der öffentlichen sowie der Expertenanhörung von Hochschulgremien, Personal- und Studierendenvertretungen sowie vom DGB zum Ausdruck gebracht worden. Nun gilt es, ihr mit Nachdruck zum Durchbruch zur verhelfen. Deswegen
wollen wir gemeinsam mit anderen Hamburger Hochschulen, Gewerkschaften und anderen Interessierten zu der Sitzung des Wissenschaftsausschuss, der final über das Gesetz beraten wird, eine Demonstration machen.

Der AStA der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, das Studierendenparlament der Universität Hamburg und weitere rufen dafür unter dem Motto:
Weltoffen statt betriebswirtschaftlich

zur Demonstration für ein neues Hochschulgesetz auf.


Auftakt ist am Donnerstag, den 15. Mai 2014, um 15 Uhr
vor dem Hauptgebäude der Universität Hamburg (Edmund-Siemers-Allee 1)

Im Anschluß tagt um 17 Uhr der Wissenschaftsausschuß der Bürgerschaft zur Auswertung der Experten- und der Öffentlichen Anhörung zum Hochschulgesetz im Rathaus. Die Sitzung ist öffentlich und sollte gut besucht sein, damit die notwendigen Konsequenzen aus der in beiden Anhörungen geäußerten und begründeten Kritik gezogen werden.

Wortprotokoll der Öffentlichen Anhörung des Wissenschaftsausschusses am 25. April 2014 zur Änderung des Hochschulgesetzes hier

 

Wortprotokoll der Expertenanhörung des Wissenschaftsausschusses am 15. April 2014 hier

Broschüre zur Reformierung von der Fachschaftsrätekonferenz der HAW
FSRK-VV-HmbHG.pdf
Adobe Acrobat Dokument 122.0 KB

______________________________________________________________________

Kommt alle zur Vollversammlung und zur Öffentlichen Anhörung:

Vollversammlung
am 25.4.2014, um 14 Uhr, in der Aula Berliner Tor 21

 

im Anschluss gehen wir gemeinsam zur:
Öffentliche Anhörung des Wissenschaftsausschuss
am 25.4.2014, um 17 Uhr, in der Patriotischen Gesellschaft, Trostbrücke 6, Reimarus – Saal

 

Wenn ihr zur gleichen Zeit Seminare habt, könnt ihr fragen, ob das Seminar gemeinsam zur Versammlung gehen will. Wir bemühen uns um Absprachen, dass keiner Nachteile wegen der Teilnahme an der VV erhält.


 

 

Novellierung des Hochschulgesetzes

Worum geht es?

 

Das Hamburgische Hochschulgesetz (HmbHG) bildet die gesetzliche Grundlage

für die Arbeit der staatlichen Hochschulen in Hamburg. Es regelt:

 

— die Aufgaben der Hochschulen,

— ihr Verhältnis zum Staat und anderen Bereichen der Gesellschaft,

— die Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder,

— den/einen Rahmen für das Studium,

— Grundsätze der Forschung,

— die innere Verfassung (Mitbestimmung)

— sowie Rechtsgrundlagen der Verfassten Studierendenschaften.

 

Die Grundlage der derzeit gültigen Fassung bildet das Gesetz von 1969, welches durch die Kämpfe der Studierendenbewegung wesentlich bestimmt war von Ansprüchen einer gesellschaftlich verantwortungsvollen Wissenschaft und der demokratischen Teilhabe aller Hochschulmitglieder. In der neoliberalen Ära seit den neunziger Jahren ist vieles der fortschrittlichen Substanz dieser Gesetzgebung umkämpft gewesen.

Entgegen der gesellschaftlichen Verantwortung der Hochschulen wurden diese genötigt, sich den Anforderungen von Unternehmen und Lobbyisten zum Zwecke der „Standort“konkurrenz zu unterwerfen und ihre inhaltliche Ausrichtung marktkonform zu gestalten. Dafür wurde den Hochschulen manche Deformierung nach der Maßgabe der „unternehmerischen Hochschule“ (Handelskammer) verordnet (z.B. Unternehmenslobby im Hochschulrat), wogegen viele der positiven Errungenschaften durch studentische Proteste und politische Bündnispartner verteidigt (Selbstverwaltung in Gruppengremien) oder zurückerobert (gebührenfreies Studium) werden konnten. Der Vorbildcharakter privater Konzerne ist in der globalen Wirtschafts- und Entwicklungskrise inzwischen implodiert.

 

Das Bundesverfassungsgericht bescheinigt derweil den hochschulgesetzlich eingeführten Managementstrukturen die verfassungswidrige Entmündigung von WissenschaftlerInnen. Mit dem „Kampf um die Zukunft“ gegen die Kürzungspolitik zu Beginn der aktuellen SPD-Regierung in Hamburg haben die Hochschulmitglieder ihre Forderungen für kritische und demokratische Bildung und Wissenschaft mit neuem solidarischem Selbstbewusstsein vertreten.

 

Vor diesem Hintergrund hat der politische Senat einen Entwurf für die Überarbeitung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG) vorgelegt, welcher die zukünftige Hochschulentwicklung bestimmen soll.

 

Bedingungen einer vernunftgeleiteten Hochschulentwicklung

 

Die gesellschaftlich kritisch eingreifenden Hochschulen sind unentbehrlich. Der

von Deutschland geplante erweiterte Afrika-Einsatz, antidemokratische Geheimdienste, die Schuldenbremse als Entwicklungsbremse und die fortgesetzte weltweite Umweltzerstörung sind akute Herausforderungen für die Durchsetzung einer friedlichen, demokratischen, sozialen und ökologisch nachhaltigen Entwicklung.

Damit dies gelingt, ist es notwendig, sich von jeder kommerziellen Dienstbarmachung von Bildung und Wissenschaft zu befreien.

Dafür haben die Mitglieder der Hamburger Hochschulen in jüngerer Vergangenheit Erhebliches erreicht: Abschaffung der Studiengebühren, Umwälzung der Bologna-Studiengänge, erhebliche Amtszeitverkürzung einer rüstungsforschenden Uni-Präsidentin und neue Aufmerksamkeit für die Notwendigkeit einer bedarfsdeckenden öffentlichen Finanzierung der Wissenschaften („Kampf um die Zukunft“).

Dieser Anspruch der gemeinsamen Bildung mündiger Menschen in solidarischer wissenschaftlicher Erkenntnisarbeit für die menschenwürdige Zivilisationsentwicklung bildet auch den Maßstab für die Neuordnung des Hamburgischen Hochschulgesetzes.

 

Der vom SPD-Senat vorgelegte Entwurf für die Gesetzesnovelle ist ein entschiedenes Sowohl als-auch. Die Reform, so die Gesetzesbegründung, folge den Zielen „Stärkung der demokratischen Strukturen“ und „schlanke und effiziente Gestaltung der Entscheidungsverfahren.“ Einerseits will man den Forderungen aus den Hochschulen für eine Ermöglichung emanzipatorischer Bildung und Wissenschaft in demokratisch verfassten Hochschulen entgegenkommen. Andererseits soll die Erwartung von Handelskammer und Co. fortgesetzter betriebswirtschaftlicher Gängelung der Hochschulen und ihrer Mitglieder für die unmittelbar profitable Verwertbarkeit bedient werden. Hier sollen also Gegensätze versöhnt werden. Dem Gesetzentwurf fehlt damit eine kohärente Konzeption für die weitere Entwicklung von Bildung und Wissenschaft.

Für die Überwindung des Elends marktdevoter Verunstaltung der Hochschulen durch die konservativen Vorgängersenate reichen formalistische Kompromisse nicht. Die Widersprüchlichkeit des Gesetzentwurfs muss in der weiteren Auseinandersetzung mit humanistischer Zielsetzung überwunden werden. Die Möglichkeit emanzipatorischen Wirkens der Hochschulen und ihrer Mitglieder kann von allen verwirklicht werden.

 

Was bisher geschah

 

Für die positive Weiterentwicklung des Gesetzentwurfs zu Gunsten einer verantwortungsvollen Wissenschaft ist ein gründliches Beteiligungsverfahren unbedingt sinnvoll.

Um die Möglichkeiten dafür zu erweitern, haben die Gewerkschaften sowie diverse akademische Gremien und Organe der studentischen Interessenvertretungen nahezu aller Hamburger Hochschulen (insgesamt 23 Unterzeichnende) – angestoßen durch die Initiative des AStAs der HAW – die Wissenschaftssenatorin dazu aufgefordert, die Zeit für Stellungnahmen zu verlängern und öffentliche Diskussionsforen durchzuführen.

Nach weiterem öffentlichen Druck konnte eine Tagung aller staatlichen Hamburger Hochschulen mit 150 TeilnehmerInnen durchgeführt werden, auf der die gemeinsamen Forderungen der Hochschulen nach einer umfassenden (Re-)Demokratisierung, dem Bruch mit der Bevormundung der Hochschulen durch die Behörde und dem Beenden der Unterfinanzierung geschärft werden konnten. Darüber hinaus wurde ein Online-Forum, in dem mit über 100 Beiträgen kritisch das Gesetz diskutiert wurde, umgesetzt.

 

Die Gremien der Hochschulen, Gewerkschaften und Interessenverbände haben insgesamt 55 Stellungnahmen zu dem Gesetzentwurf verfasst, welche nach eigentlich notwendiger genauer Prüfung durch die Behörde größtenteils wüst abgelehnt wurden.

Einige Erfolge wie eine Transparenzklausel oder die Erfüllung gewerkschaftlicher Forderungen zur Verbesserung der Arbeitsverhältnisse wurden zwar aufgenommen, aber zentrale notwendige Veränderungen, wie das Abschaffen des Hochschulrates, die volle Handlungsfähigkeit der untersten Organisationsebenen (Departments) und die Ermöglichung einer umfassenden Studienreform werden weiterhin störrisch verweigert.

Auch die Notwendigkeit einer Zivilklausel soll noch nicht breit genug diskutiert werden.

 

Was steht jetzt an? Vollversammlung und Öffentliche Anhörung
Der Gesetzesentwurf muss nun weiter in der Bürgerschaft überarbeitet werden. Nach bisherigem Zeitplan soll das neue Gesetz im Juli 2014 verabschiedet werden. Letzte Woche fand dazu eine Expertenanhörung (Befragung der einberufenen Experten durch die Parteien der Bürgerschaft) statt, in der die Unzulänglichkeit des Entwurfes noch einmal bekräftigt wurde. Bisher bleibt die SPD aber weiter stur und ignoriert die Kritik. Ob die Kritik und die eigentlichen Ansprüche an das Gesetz noch aufgenommen werden, hängt erheblich von dem weiteren Eingreifen der Hochschulmitglieder ab. Dafür wollen wir uns gemeinsam auf einer hochschulweiten Vollversammlung qualifizieren, den Gesetz Entwurf gemeinsam einschätzen und unsere Forderungen für die nötige Weiterentwicklung in einer Resolution an die Bürgerschaft/ Wissenschaftsausschuss deutlich machen. Dabei können wir uns insbesondere auf die öffentliche Anhörung am selben Tag um 17 Uhr vorbereiten, auf der alle gegenüber dem Wissenschaftsausschuss zu dem Entwurf des Gesetzes Stellung beziehen können.
Mit Stellungnahmen, Diskussionen, Veranstaltungen und anderen Aktionen können wir noch viel bewegen.
 
Eckpunkte einer positiven Weiterentwicklung des Hochschulgesetzes sind z.B.

 

  • der Hochschulrat (besetzt mit Externen der Hochschule, ohne Wahl) darf höchstens als reines Beratungsgremium bestehen bleiben
  • die wesentlichen Entwicklungsentscheidungen sollen vom Hochschulsenat (höchstes demokratisch gewähltes Gremium der Hochschule) gefällt werden (Struktur- und EntwicklungsPlan), (Ab-)Wahl des/der Präsident/in, Mittel-verteilung)
  • Stärkung der Fakultätsräte in ihren Entscheidungskompetenzen (Zuordnung von Stellen, SEP, Planung und Mittelverteilung)
  • die verbindliche Wiedereinführung der dritten Ebene (Fachbereichsräte/Departmetkonferenzen) und Ausstattung mit Entscheidungskompetenzen
  • eine Viertelparität in den Gremien der Hochschule (alle Hochschulmitglieder haben die gleiche Stimmgewichtung)
  • sichere und gut bezahlte Arbeitsverhältnisse für alle Angestellten der Hochschule
  • die Abschaffung der anachronistisch-autoritären Zwangsexmatrikulation
  • die Abschaffung von Anwesenheitspflicht, Fristen und Zwangsberatungen
  • Gebühren freie Bildung: die Abschaffung aller Gebühren, z.B. Verwaltungsgebühren
  • soziale Öffnung der Studiengänge
  • Master als Regelabschluss
  • eine bedarfsgerechte Zuweisung öffentlicher „Haushaltsmittel, Grundstücke und Einrichtungen“
  • für zusätzliche Aufgaben zusätzliche öffentliche Mittelzuweisungen


Weitere Informationen zum Hochschulgesetz findet ihr hier:
 
Hinaus aus der Enge! Kommentierte Sammlung der Stellungnahmen aus Uni und HAW sowie von den Gewerkschaften zum Entwurf für die Novelle des Hamburgischen Hochschulgesetzes von der FSRK der Uni Hamburg: http://www.fsrk.de/artikel_319.html
 
Stellungnahme des AStAs (und aller anderen Gremien der Hochschulen und Gewerkschaften) http://hochschulgesetz.hamburg.de/discoursemachine.php?page=viewcompiler&id_view=179&menucontext=2&submenucontext=121 
 

 

Diese Erläuterungen mögen inhaltliche Unterstützung und Ermunterung für das

gemeinsame Einmischen sein.